Melatonin und Diabetes
Zeitstrukturen endokriner Systeme, zum Einfluss von Indolaminen auf Sekretionsrhythmik und Signaltransduktionsprozesse der Langerhansschen Insel
Zeitraum
- 01/2000-12/2012
Leitung
- Prof. Dr. Elmar Peschke
Mitarbeiter
- Dr. Eckhard Mühlbauer
- Dr. Sabine Wolgast
- Dr. Liudmila Litvak
Partner
- PD Dr. H.J. BRÖMME, Institut für Pathophysiologie, Universität Halle
- Prof. Dr. V. CSERNUS, Inst. Anatomy, Univ. Pécs, Ungarn
- Prof. Dr. H. Dralle, Zentrum für Chirurgie, Universitätsklinikum Halle
- Prof. Dr. H.-W. Korf, Senckenbergische Anatomie, Universität Frankfurt/Main
- Prof. Dr. U. MUßHOFF, Institut für Physiologie, Universität Münster
- Prof. Dr. St. REUSS, Institut für Anatomie, Universität Mainz
- Prof. Dr. L. Vollrath, Institut für Anatomie, Universität Mainz
- Prof. Dr. H. ROMMELSPACHER, Inst. für klinische Neurobiol. UKBF der FU-Berlin
- Dr. Alan Yen, LifeSpan Biosciences, Seattle, USA
Förderung
- Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Finanzierung je zur Hälfte LSA und Bund
- Fördersumme: ca. 2 Mio. Euro
Zusammenfassung
Zellphysiologische, autoradiographische sowie molekularbiologische Untersuchungen haben ergeben, dass Melatonin (MT) die Insulinsekretion senkt [Peschke et al., JPR, 1998]. Dieser Effekt wird durch hochaffine Pertussis-Toxinsensitive Gi-Protein-gekoppelte MT-Rezeptoren (MT-R) [Peschke et al., JPR, 2000] auf dem AC/cAMP-Weg vermittelt [Peschke et al., JPR, 2002]. Zusätzlich vermag MT unter bestimmten Bedingungen Gq-Protein-mediiert auf dem PLC/IP3-Weg die Insulinsekretion zu stimulieren [Bach et al., JPR, 2005]. Ferner konnte nachgewiesen werden, dass die Insulinsekretion [Peschke und Peschke, Diabetologia, 1998] ebenso wie die Expression pankreatischer Uhrengene [Mühlbauer et al., FEBS Lett., 2004] circadianrhythmisch erfolgt und dass MT ein potenter Radikal-Scavenger ist [Brömme et al., JPR, 2000; Ebelt et al., JPR, 2000; Peschke et al., CMLS, 2000]. Jüngste Ergebnisse belegen, dass die bisherigen Befunde auf den Menschen übertragbar sind (die menschliche Insel verfügt ebenso wie die der Ratte und der Ratten-Insulinomazelle INS1 über MT1 und MT2-Rezeptoren, Mühlbauer und Peschke, JPR 2006) und dass Diabetiker (Typ1 und Typ2) ebenso wie diabetische Goto-Kakizaki-Ratten (GK) erniedrigte MT-Spiegel bei erhöhter MT1-Rezeptorexpression aufweisen [Peschke et al., JPR, 2006a,b]. Daraus resultiert, dass es einen engen Zusammenhang zwischen MT- und Insulin-Sekretion gibt und dass diabetische Stoffwechselstörungen im Alter von starker Senkung der MT-Synthese und -Freisetzung begleitet sind. Hinzu kommt, dass bei steigender Typ2-Diabetes-Inzidenz mit zunehmendem Alter die MT-Synthese abfällt.
Im Rahmen des Projektes sollen die aufgeführten Befunde in dem Sinne erweitert werden, dass in Umkehrung der oben genannten Zusammenhänge verstärkt dem Einfluss von Insulin, Glukose und diabetischer Stoffwechselentgleisungen auf die MT-Synthese nachgegangen wird. Im Zentrum steht die Beantwortung der Frage nach der gegenseitigen Beeinflussung von Melatonin und Insulin, die beide in hohem Maße Alternsveränderungen unterworfen sind (Anstieg der Typ2-Diabetes-Inzidenz bei Erniedrigung der Melatoninsynthese im Alter). Die Untersuchungen verfolgen das Ziel, welchen Einfluss MT-Mangel im Alter für die Diabetogenese hat. Die experimentellen Bedingungen sind denkbar günstig, da der Einfluss von Insulin auf die Epiphysen stoffwechselgesunder, Typ2-diabetischer GK-, Typ1-diabetischer Streptozotocin- sowie Typ1-diabetischer IDDM-Ratten superfusionstechnisch analysiert werden kann. Die bereits begonnenen Untersuchungen (Untersuchungen von MT-Rezeptoren auf der pankreatischen ß-Zelle sowie Insulin-Rezeptoren in der Epiphyse) werden bei Tieren unterschiedlichen Alters. Ferner stehen MT-R-knockout-Mäuse als auch Melatoninprofiziente (C3H) sowie -defiziente (C57-black) Mäuse zur Verfügung, die genannte Fragen bei MT- sowie MT-R-profizienten als auch MT- sowie MT-R-defizienten Tieren mit der Zielstellung zu untersuchen erlauben, welche Bedeutung das Alter, gestörte Insulin- sowie MT-Rhythmen als auch unterschiedliche MT- und MT-R-Ausprägung für die Diabetogenese haben. Aus anderen Systemen ist bereits bekannt, dass Rhythmus-Desynchronisationen von Krankheitswert sind.
Im Einzelnen sollen perspektivisch folgende Fragen beantwortet werden:
- Hat Insulin einen Einfluss auf die MT-Synthese, beispielsweise vermittelt über Ins-R der Pinealozyten (Nachweis des Ins-R am Pinealozyten mittels RT-PCR im Tagesverlauf, Immuncytochemie, Western-Blot).
- Wie sieht die Signaltransduktionskaskade aus? Lassen sich vermutete Phosphorylierungen, vermittelt durch Ins-R (über Tyrosin-/MAP-Kinasen), mit AANAT-Aktivität (Schlüsselenzym der Melatoninbiosynthese) korrelieren und wird die AANAT-Phosphorylierung/Aktivität durch Ins-R reguliert (Messung der MT-Produktion sowie der AANAT-Aktivität des Pinealorgans im Perifusionssystem nach Insulin-Stimulation, Nachweis der AANAT-Phosphorylierung an Thr29 und/ oder Ser206 mit kommerziell erhältlichen Antikörpern nach Organstimulation durch Western-Blot).
- Gibt es Rückkopplungen des Rhythmus-synchronisierenden Hormons MT auf Pankreas- oder ß-Zell-interne Rhythmen, die die Insulinausschüttung beeinflussen? Untersuchungen zur Desynchronisation an MT-R-knockout-Mäusen verschiedener Altersstadien (RT-PCR von Uhrengentranskripten und Western-Blot von Uhrengenprodukten im Tagesgang bei unterschiedlichen Altersstadien).
- Wie erklärt sich auf molekularer Ebene der beobachtete Einfluss von MT auf die circadianrhythmisch regulierte Insulinsekretion in vitro? (Untersuchungen zur circadianrhythmischen Steuerung des ATP-abhängigen Kaliumkanals, der primär die Insulinausschüttung reguliert mittels Reportergen-Assays. Transfektion von E-Box Deletionsvarianten/Luziferase Konstrukten des KATP-Promotors in die Insulinoma-Zellinie INS1 bei gleichzeitiger Überexpression des Uhrengenproduktes BMAL1 oder alternativ in INS1-Zellen, die durch Serumschock synchronisiert wurden).
- Gibt es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen ß-Zell-Desynchronisation und Diabetes (Untersuchungen der Expression von Uhrengenen und Uhrengen-gesteuerten Genen sowie Glucose-Homöostase-regulierten Genen im Pankreas (oder an isolierten Inseln) von diabetischen GK-Ratten unterschiedlicher Altersstadien)?
- Abgeleitet aus dem oben skizzierten Arbeitsprogramm soll die Frage beantwortet werden, welchen Einfluss erhöhtes Alter auf Rhythmus-Desynchronisation und konsekutiv Diabetogenese hat und ob der Phänomenologie - erhöhte Typ2-Diabetesinzidenz und erniedrigte Melatonin-Synthese im Alter - ein kausaler Zusammenhang zugrunde liegt.
Publikationen
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